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Auf großer Fahrt mit kleiner Besetzung

Zum Januar-Stammtisch der CDU sangen und spielten die “Potsdamer Havelschipper”

„Sie ist unser Goldstück“, der großgewachsene Akkordeonspieler Hans Zeun beteuerte es mit Verve. Gemeint war die Sängerin des Potsdamer Chors „Havelschipper“, Waltrud Potraffke. Als nämlich das Trio – am Schlagzeug Klaus Schönfeld – sein Equipment im Saal des Klüschenberghotels zum Stammtischkonzert aufbaute, die Sängerin mittenmang, da fragte man sich schon stirnrunzelnd, wie die Frau denn in einen Shantychor geraten sei. Als dann aber Songs wie „Weiße Rosen aus Athen“ oder „Lili Marleen“ erklangen, wurde klar, dass das Repertoire nicht nur singende Seebären verlangte, sondern auch die weibliche Stimme.

Havelschipper

Der Abend begann hektisch. Die Brandenburger Musikanten, von den „Plauer Seemännern“ empfohlen, waren auf der Anreise im Stau stecken geblieben. Also zog das Trio, angekommen, in aller Geschwindigkeit seine Kabel über die kleine Bühne, pflanzte die Mikrophone auf und begann fast aus dem Stand mit der bekannten, von James Last arrangierten Komposition „Biskaya“.“Heut geht es an Bord”, hieß es dann und so ließen wir uns erwartungsvoll einschiffen. Natürlich kamen Fahrtenlieder, wie wir sie aus der “Mundorgel” kennen, dran: der “Hamburger Veermaster” und “Wir lagen vor Madagaskar”. Mit Reißzwecken wolle er schnell mal gurgeln, sagte Chorchef Hans Zeun, bevor “Rolling home” erklang. Wie schön muss Nach-Hause-Kommen sein, wenn man lange weg war, mochte da mancher denken. Seemannslos zwischen Heim- und Fernweh verlieh aber auch Schlagern den Stoff und so hörten wir Lolitas “Seemann lass das Träumen” und “Junge, komm bald wieder” von Freddy.

Das Programm ging aber auch über Land und in vielen anderen Themen auf große Fahrt. Alles, was Stimmung macht, hieß letztlich das Motto der Unterhaltungsmusiker. Das Repertoire spannte sich etwa von “Rosamunde, schenk mir dein Herz” bis zur Mecklenburg-Hymne (Mecklenburg mit langem “e”), vom “Treuen Husaren” bis zu Rudi Schurickes “Capri-Fischern”. Für das fast ausschließlich ältere Publikum war der Abend eindeutig eine Nostalgietour. Bertram Bednarzyk – der Chef von Country Buffet saß auch im Publikum – bemerkte schmunzelnd: “Ein bisschen von gestern, aber lange nicht gehört.” Und darin lag der Reiz, denn es waren die “Hits” von gestern und ob sie überlebt haben, entscheidet das Publikum – und es entschied schunkelnd, singend und schließlich sogar mit hin- und her wogenden Händen, als das unglaublich emotionale “Sierre Madre” Gänsehaut machte.

Die Havelschipper waren nur in kleiner Besetzung nach Plau in See gestochen. Die Gruppe, die es seit 2004 gibt, ist eigentlich siebenköpfig, spielt aber je nach Aufwand (und Gage?) auch in kleinerer bis kleinster Formation. Nach Plau wollten sie als Quartett anreisen, hatten aber wieder Pech, denn den Gitarristen packte ganz kurzfristig die Grippe. Daraus wiederum folgte, dass die Tonqualität, die die Anlage übertrug, nicht optimal war. Schlagzeuger Klaus Schönfeld zeigte sich im Pausentalk hinter den Kulissen unzufrieden damit, dass der “Bühnenboden murmelt” und sie nicht die Möglichkeit hatten, die Boxen auf Stative zu stellen, denn die befanden sich im Wagen des Gitarristen. Alltagspech.

Dafür entschädigten uns rührende Szenen am Rande. Am Ende des Konzerts forderte eine Männerstimme aus dem Publikum: “Drei weiße Birken!” Die Stimme gehörte dem Plauer “Seemann” Uwe Bohnhoff und flugs wurde er auf die Bühne geholt und musste das Lied selbst singen – was er wohl auch gerne tat. Schließlich erhoben sich alle anwesenden “Seemänner” von ihren Stammplätzen beim Stammtisch, um ihren Sangesbrüdern herzlich für diesen Abend zu danken. Was man noch erfuhr: Die Plauer Barden standen sogar für den Fall der Fälle bereit, das Konzert zu übernehmen.